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"CO2-freies-Kraftwerk": Feigenblatt der Stromkonzerne

Vattenfall und RWE kündigen gern das „CO2-freie Kraftwerk“ an. Kohle, der Brennstoff mit den höchsten CO2-Emissionen je Kilowattstunde Strom, soll zur „sauberen Kohle“ mutieren. Solche Kraftwerke werden allerdings noch lange nicht gebaut. Angeblich 2020 könnten sie zur Verfügung stehen.

Bei keinem der 28 jetzt geplanten neuen Kohlekraftwerke ist jedoch die CO2-Abscheidung und -Lagerung vorgesehen. Später ist die Nachrüstung konventioneller Kraftwerke mit Techniken zur CO2-Abscheidung aber extrem unwahrscheinlich, denn sie ist sehr aufwendig und teuer. Wenn Vattenfall, RWE und andere dennoch regelmäßig vom „CO2-freien-Kraftwerk“ reden, soll dies ihnen in erster Linie ein sauberes Image verschaffen.

Technisch gesehen kann CO2 aus dem Abgas eines Kraftwerks abgetrennt werden. Da dies sehr energieaufwendig ist, kann es dadurch im besten Fall CO2- arm werden. Deshalb fallen die Wirkungsgrade neuer Kohlekraftwerke von 45% durch die Abscheidung wieder auf 30 – 35 % zurück. Ein Drittel mehr Kohle würde mit entsprechend höheren Umweltschäden benötigt (Grundwasser, Landschaftsraum), um die gleiche Menge an Strom zu produzieren.

Das Hauptproblem ist aber nicht die Abscheidung, sondern die Endlagerung des CO2. Hier gibt es riesige Fragezeichen, ob sie im großen Stil und auf Dauer sinnvoll möglich ist. Die Speicherkapazitäten in früheren Gasspeichern sind begrenzt und ökologische Folgen vielfach noch nicht erforscht. Ein Einpumpen des CO2 in die Tiefen der Weltmeere verbietet sich ohnehin, will man nicht eine immense ökologische Katastrophe durch die Versauerung und Zerstörung der Meeresfauna heraufbeschwören.

Über die Gefahren durch eine CO2-Freisetzung bei Abtrennung und Transport sowie Schäden der Ökosysteme gibt es kaum Angaben. Das CO2 müsste mindestens 10.000 Jahre in den Lagerstätten eingeschlossen bleiben. Bis jetzt kann niemand garantieren, dass es nicht schon in 100 bis 1000 Jahren wieder austritt. Bereits jetzt gibt es Meldungen über Gesteinsauflösungen durch Kohlensäure in Gaslagern. „CO2-Endlager“ werden also zur Bürde für künftige Generationen.

Die CO2-Abscheidung und Endlagerung ist teuer. Zwischen den Kraftwerken und den Lagerstätten muss eine aufwendige Infrastruktur mit Pipelines oder Transporten aufgebaut werden. Die Frage der Haftung für etwaige CO2-Freisetzungen ist ebenfalls völlig ungeklärt.

Die Produktion einer Kilowattstunde Strom dürfte sich um mindestens 2 bis 5 Cent verteuern. Kosten und Risiken von Transport und Endlagerung des CO2 sind noch gar nicht eingerechnet. Die Vermeidung von CO2 durch Energieeinsparung ist schon heute kostengünstiger als die CO2-Abscheidung, und auch die erneuerbaren Energien werden bald günstiger sein.

Vielfach wird behauptet, die CO2-Abscheidung könne eine „Brückenfunktion“ beim Klimaschutz ausüben, bis erneuerbare Energien ausreichend entwickelt sind. Tatsächlich wird ein weiterer Ausbau der Kohleverstromung dazu führen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz behindert oder gar verhindert werden. Die CO2-Abscheidung ist daher keine Brücke ins Solarzeitalter, sondern eine Krücke der Kohlewirtschaft, um sich vor den machbaren Alternativen zu drücken.

Vattenfall Europe AG
Umsatz: 11,1 Milliarden € (2006)
Gewinn: 1,4 Milliarden € (2006)

Gehört dem schwedischen Staatskonzern Vattenfall AB. Vattenfall betreibt Braunkohlekraftwerke in Jänschwalde, Schwarze Pumpe und Lippendorf sowie vier Braunkohletagebaue. Zweiter Schwerpunkt sind die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel. Für Brunsbüttel hat Vattenfall einen Antrag auf Verlängerung der Laufzeit gestellt. Vattenfall plant ein neues Braunkohlekraftwerk in Boxberg und zwei Steinkohlekraftwerke in Hamburg und Berlin.

EnBW
Umsatz: 13,2 Milliarden € (2006)
Gewinn: 1 Milliarde € (2006)

Hauptaktionär der EnBW ist die französische EDF, der größte Atomstromkonzern der Welt. Die Energie Baden-Württemberg hat mit 55% den höchsten Atomstromanteil in Deutschland. Sie betreibt vier Atomkraftwerke, vier Steinkohlekraftwerke und ist an dem Braunkohlekraftwerk in Lippendorf beteiligt. Für das AKW Neckarwestheim 1 wurde ein Antrag auf Laufzeitverlängerung gestellt. In Karlsruhe plant der Konzern den Bau eines neuen Steinkohlekraftwerkes.

Quelle: Dr. Werner Neumann 2007
Erstveröffentlichung:
KLIMA EXPRESS - BUND 2007